LIL-Exkursion ins Rheinische Revier

04.07.24: Tagebaufolgelandschaften mit im Schnitt 96 bis 98 Bodenpunkten, spannende Forschungsprojekte und die Kaffeemaschine als wichtigstes Arbeitsinstrument – die bei unserer Exkursion ins Rheinische Revier gewonnenen Erkenntnisse waren ausgesprochen vielfältig und lehrreich. Nachdem letztes Jahr eine Delegation aus Nordrhein-Westfalen zu uns in die Lausitz kam, war es nun höchste Zeit den Besuch zu erwidern.
Deutlich wurde bereits in den ersten Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen, dass bei aller Verschiedenheit der einzelnen Reviere in Bezug auf Naturraum und wirtschaftliche Voraussetzungen doch ähnliche Herausforderungen bei der Transformation der Land(wirt)schaft bestehen und dass Kooperationen zwischen Regionen – und insbesondere Land-Innovation-Lausitz und der Initiative BioökonomieREVIER – etliche Wege abkürzen sowie sinnvolle Synergien schaffen können.

In einem minutiös durchgetakteten Programm (Großen Dank hierfür an die Kolleg/innen vom BioökonomieREVIER!) ging es zunächst zum Tagebau Hambach, das „tiefste Loch Europas“. Dort wurden wir von Prof. Dr. Ulrich Schurr, Leiter des Institutes für Pflanzenwissenschaften, Forschungszentrum Jülich, und Vorsitzenden des Beirates von Land-Innovation-Lausitz begrüßt. Dann erklärte Elmar Kampkötter, Leiter der Rekultivierungsabteilung bei RWE, wie Rekultivierung im Rheinischen Braunkohle-Revier funktioniert. Bemerkenswert war, dass die Böden am Ende der Rekultivierung zum Teil bessere Eigenschaften aufweisen – und sich aufgrund des hohen Lössgehaltes Bodenzahlen ergeben, von denen Brandenburger Landnutzer nur träumen können.

Weiter ging es mit der Vorstellung vom BioökonomieREVIER durch den Koordinator der Initiative, Dr. Christian Klar, sowie der mannigfaltigen Aktivitäten, die im Rheinischen Revier bereits angestoßen wurden. Hier wie dort sind KMUs (kleine und mittlere Unternehmen) ein Schlüssel zum Erfolg des Strukturwandels, wobei eine große Hürde darin besteht, die Unternehmen von der Notwendigkeit (und dem Nutzen) der Transformation zu überzeugen. Eine weitere Herausforderung für beide Regionen ist der akute Fachkräftemangel, der sich zukünftig wohl weiter verschärfen wird. Fazit: Die Bioökonomie in Deutschland ist – was die wissenschaftlichen Grundlagen angeht – schon sehr gut aufgestellt, doch hapert es aktuell bei der Umsetzung in die Praxis.

Nach einem Abstecher nach Morschenich-Alt, dem durch den vorgezogenen Ausstieg aus dem Braunkohleabbau „geretteten“ Ortes am Hambacher Tagebau und den faszinierenden Ausführungen von Bürgermeister Georg Gelhausen zu den zukünftigen Entwicklungsperspektiven des künftig „Bürgewald“ heißenden Ortes ging es weiter zur nächsten Station: den Agri-Photovoltaik-Versuchsanlagen des Innovationszentrums für Agrar-Robotik mit Vorstellung der Wirkungsweise verschiedener PV-Systeme und den dazu passenden vielversprechenden Nutzpflanzen durch Dr. Onno Muller vom FZ Jülich.

Nächster spannender Programpunkt: die Sophienhöhe, die mit über 200 m Höhe auch als „größter künstlicher Berg der Erde“ bezeichneten Abraumhalde des Hambacher Tagebaus. Dort stellte das Team um Dr. Christina Kuchendorf, Dr. Nicolai Jablonowski und Dr. Arnd-Jürgen Kuhn (alle Institut für Pflanzenwissenschaften des Forschungszentrums Jülich) die Versuche des „Marginal Field Labs“ vor. Auf den geschütteten, extrem nährstoffarmen Böden werden dort auf unterschiedlichen Marginalitätsstufen Anbauversuche u.a. mit der öl- und faserreichen Färberdistel angestellt, um herauszufinden, wie sich auf Grenzstandorten noch profitable Erträge erzielen lassen – Experimente, die auch für die Lausitz relevante Ergebnisse liefern können!

Den Abschluss eines aufschluss- und ereignisreichen Tages bildete der Besuch des Instituts für Pflanzenwissenschaften am FZ Jülich. Die dort von Dr. Holger Klose, FaserInnovationszentrum Zerkall, und Dr. Dominic Laaf, Modellfabrik Papier, vorgestellten Forschungsansätze rund um innovative Fasernutzung sowie neue Wege für die Papierfertigung zeigten einmal mehr, wie wichtig pflanzliche (Faser-)Rohstoffe für eine zukünftige Bioökonomie sind.
Bei der anschließenden Besichtigung der Labore des Instituts konnten die Exkursionsteilnehmer – neben der herausragenden Analysetechnik und u.a. auch den Versuchsanordnungen mit „unseren“ Nachtkerzen aus dem LIL-Projekt InnoWert – auch die wohl wichtigste technische Einrichtung bestaunen: die Kaffeemaschine*. Alles in allem war dies eine absolut lohnenswerte und sehr motivierende Exkursion ins Rheinische Revier: Viele neue Kontakte wurden geknüpft, bereits bestehende vertieft, neue Kooperationen wurden vereinbart. Wir kommen wieder!

*Kaffeemaschine = Herz des Instituts: offener Raum für persönlichen und fachlichen Austausch, hier werden manchmal Karrieren geboren und – wie uns glaubhaft versichert wurde – hier entstanden auch etliche der bemerkenswerten Innovationen des Institutes.