Blühende Landschaften benötigen (noch) viel Forschung

  • Die Exkursion mit dem BioökonomieREVIER zu Projekten von Land-Innovation-Lausitz

02.06.23: Jetzt Anfang Juni summt und brummt auf den Feldern des Saatgutproduzenten und Renaturierungsspezialisten Nagola Re eine unglaubliche und andernorts selten gewordene Anzahl unterschiedlichster Insekten, die eifrig mit der Bestäubung der hier angebauten Wildpflanzen beschäftigt sind. Eine Oase der Biodiversität und das mitten im Lausitzer Braunkohlerevier. Nagola Re ist Partner von Land-Innovation-Lausitz (LIL) im Projekt InnoWild, das gebietsheimische und klimaangepasste Wildpflanzen als Grundlage neuartiger Wertschöpfungsketten entwickeln und nutzen will. André Sradnick vom Leibniz-Institut für Gemüse und Zierpflanzenbau (IGZ) stellte den Gästen vom BioökonomieREVIER und dem LIL-Team die Ziele des InnoWild-Projektes im Einzelnen vor, berichtete über Zwischenergebnisse und bisherige Erfolge. Nagola Re-Geschäftsführerin Christina Grätz betonte aber auch, dass noch sehr viel Forschung nötig sein wird, um mit den Lausitzer Wildpflanzen flächendeckend blühende Landschaften gestalten zu können.

Agroforstsysteme, Tagebau und Trüffel

Die Station in Jänschwalde war der Abschluss der sehr intensiven Tour. Den Auftakt bildete das sowohl informative als auch ausgesprochen unterhaltsame Grußwort des Brandenburger Lausitzbeauftragten Dr. Klaus Freytag, in dem er über schon erreichte Meilensteine und weitere Ziele der Transformation in der Lausitz berichtete. Auf den nächsten zwei Stationen – den Versuchsfeldern der ZGJ Landwirtschafts GmbH in Groß Jehser und dem Landwirtschaftsbetrieb Domin in Peickwitz – gewährte Projektleiter Christian Böhm von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU CS) mit seinen Berichten über die LIL-Projekte AgroBaLa und AgroWert-Regio intensive Einblicke in Anbauversuche mit Sonderkulturen und trockenheitstoleranten Feldfrüchten in Agroforstsystemen, der Etablierung agroforstlicher Kreislaufwirtschaft sowie darauf aufbauender geeigneter Geschäftsmodelle. Die Landwirte Robert Häußler und Thomas Domin berichteten aus der Praxis und ergänzten die Projekteinsichten damit um eine wichtige Perspektive.
Der anschließende Besuch im Tagebau Welzow-Süd führte allen Exkursionsteilnehmenden nachdrücklich vor Augen, wie wichtig u.a. der Aufbau einer bioökonomischen Wertschöpfungskette ist und bestärkte sie in ihrem Einsatz für positiven und nachhaltigen Strukturwandel im Rheinischen Revier und in der Lausitz.
Auch die LIL-Trüffelplantage in Jehserig stand auf dem Exkursionsprogramm. Hier gewährten Babette Münzenberger und Katja Kühdorf vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) den LIL-Gästen aus dem Rheinischen Revier einen Einblick in den Projektstand. Auch wenn derzeit noch nicht sicher gesagt werden kann, ob sich der Frühlingstrüffel (tuber borchii) auf der Versuchsfläche behaupten können wird, sind die Wissenschaftlerinnen doch sehr positiv gestimmt, da diese Trüffelart in der Niederlausitz bereits nachgewiesen werden konnte, sehr robust ist und gut auf sandigen Böden wächst.

Fazit und Ausblick

Die Gäste aus dem BioökonomieRevier zeigten sich sehr interessiert und beeindruckt von den bisherigen Forschungs- und Erprobungsergebnissen und überlegten schon auf den Versuchsflächen, welche der Projekte und Methoden möglicherweise auch auf das Rheinische Revier übertragbar wären. Darüber hinaus war die Zeit vom intensiven Erfahrungsaustausch und Fachsimpeln mit dem Team aus der Lausitz geprägt und ein Gegenbesuch im Rheinland wurde für 2024 vereinbart. Haben Sie Interesse an einer Teilnahme? Dann melden Sie sich gern schon jetzt bei uns!

Besonders hat uns gefreut, dass sich auch der Vorsitzende unseres Beirates, Prof. Dr. Ulrich Schurr (Direktor des Institutes für Pflanzenwissenschaften, Forschungszentrum Jülich und Initiator des BioökonomieREVIERs), die Zeit für einen Besuch in der Lausitz nehmen konnte. Sehen Sie hier seine Einschätzung der Exkursion:

Wir danken allen Teilnehmenden für das Interesse und den lehrreichen Austausch! Außerdem möchten wir uns ganz herzlich bei allen LIL-Projektpartnern bedanken, die ihre Forschungsansätze so anschaulich und engagiert vorgestellt haben. Und schließlich geht ganz besonderer Dank an das Begleitforschungsprojekt Bioökonomie-VVU der RWTH Aachen für die finanzielle Unterstützung, die die Anreise unserer Gäste aus dem Rheinischen Revier möglich gemacht hat.

 

Die besuchten LIL-Projekte im Überblick

 
LIL-PROJEKT AGROBALA – Agroforstliche Kreislaufwirtschaft als Basis für eine strukturreiche und klimaresiliente Landwirtschaft mit hohem Wertschöpfungspotential
  • Ziele: Qualitative und quantitative Bewertung von (für die Lausitz) neuartigen bzw. anspruchsloseren Feldfrüchten und Sonderkulturen sowie Erzeugung von Pflanzenkohle als Rohstoff zur Herstellung von kohlen- und nährstoffreichen Bodensubstraten
  • Projektbeteiligte: Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU CS); Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF) e.V.; ZGJ Landwirtschafts GmbH (Calau); Landwirtschaftsbetrieb Domin (Peickwitz)
  • Bisherige Ergebnisse:
    • Erfahrungsaufbau bezüglich des Anbaus von Sonderkulturen im Ackerbereich: Teff, Kamille, Amarant, Bohnenkraut, Thymian sowie Schattenpflanzen im Gehölzbereich: Hortensie
    • Installation einer Pyrolyseanlage und erste Beprobung der Herstellung von Pflanzenkohle aus Agroforstgehölzen
    • Veröffentlichung von drei Themenblättern zum Thema rechtliche Rahmenbedingungen und Mehrfachnutzung in Agroforst
LIL-PROJEKT AGROWERT-REGIO – Teilhabegestützte Wertschöpfungsketten mit Agroforstprodukten für eine klimaresiliente Landnutzung
  • Ziele: Bewertung geeigneter Geschäftsmodelle für die Vermarktung von Agroforstprodukten, Integration der Agroforstwirtschaft in die Nachhaltigkeitsbewertung von Landwirtschaftsbetrieben, Entwicklung und Erprobung eines Teilhabe gestützten Vermarktungsansatzes
  • Projektbeteiligte: DeFAF e.V.; HNE Eberswalde; Spreewaldverein; Bäcker Wahn (Cottbus, Lübbenau, Vetschau); Landwirtschaftsbetrieb Domin
  • Erwartete Ergebnisse:
    • Aufbau und Stärkung regionaler Partnerschaften und wirtschaftlicher Kooperationen
    • Identifizierung und Initiierung neuer Wertschöpfungspfade für Agroforstprodukte
    • Entwicklung von Kriterien für die Nachhaltigkeitsbewertung agroforstlicher Wertschöpfungsketten
    • Entwicklung und Erprobung eines Agroforst-Labels, breitflächige Sensibilisierung zu den Vorteilen der agroforstlichen Landnutzung und Entstehung von Nachahmeffekten
LIL-PROJEKT INNOWILD – Etablierung eines Anbau- und Verwertungssystems von gebietsheimischen und klimaangepassten Wildpflanzen mit hoher Wertschöpfung in der Lausitz
  • Ziele: Bioaktive, wertgebende Inhaltsstoffe charakterisieren, nachhaltige, resiliente Anbausysteme entwickeln, bioökonomische Wertschöpfungsketten auf Wildpflanzenbasis etablieren
  • Projektbeteiligte: Leibniz IGZ (Großbeeren); Nagola Re GmbH (Jänschwalde); BTU CS
  • Bisherige Ergebnisse: Wertgebende Pflanzenteile wurden identifiziert: Bei der Nachtkerze sind Spross und Samen sehr antioxidativ, die Wurzeln und Samen einiger Pflanzen wirken antimikrobiell (Terpene, Coumarine u.a.), Wurzeln: Saponine, Blätter: Polyphenole. Nachtkerze, Kleine Bibernelle, Berg-Haarstrang erscheinen besonders interessant.
LIL-PROJEKT TRÜFFELPLANTAGE – Etablierung einer Trüffelplantage in der Bergbaufolgelandschaft der Niederlausitz
  • Ziele: Anbau des Frühlingstrüffels in der Lausitz; Erfassung potentieller Trüffel mit einem Trüffelhund
  • Projektbeteiligte: Leibniz-ZALF (Müncheberg); Agargenossenschaft Drebkau; Forstinstitut Slowenien
  • Bisherige Ergebnisse: Die Wirtsbäume wurden mit dem Frühlingstrüffel (Tuber borchii) beimpft; eine Plantage mit 800 Eichensämlingen (Stieleiche, Zerreiche) wurde etabliert; eine Bewässerungsanlage ist installiert (die Hälfte der Plantage wird bewässer). Tuber borchii (Frühlingstrüffel) konnte mit über 40% im Mai 2021 an der Stieleiche und mit 36% im Oktober 2021 bei der Zerreiche nachgewiesen werden. Allerdings kamen als Verunreinigung auch andere Trüffelpilze vor (z.B. T. oligospermum, T. dryophilum). Im Herbst 2021 und 2022 konnte eine Steigerung der Mykorrhizierungsrate aufgrund der Bewässerung festgestellt werden.