InnoWild

Heimische Wildpflanzen: Klimaangepasst und mit wertvollen Inhaltsstoffen

Pflanze

01.10.2021 – 30.09.2024

Koordination und Ansprechpartnerin

  • Dr. Franziska Hanschen
  • Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) e.V.
  • Programmbereich Quality, Forschungsgruppe Quality.2
  • Tel.: +49 (0) 33701 78 250
  • Mail: innowild@igzev.de

Kurzbeschreibung und Ziele

Das Team des LIL-Projektes InnoWild hat sich das Ziel gesetzt, Grundlagen zu schaffen, um heimische und klimaangepasste Wildpflanzen für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Dadurch soll ein passgenaues Anbau- und Verwertungssystem – und damit ein neuer Wirtschaftszweig mit hoher Wertschöpfung – in der Lausitz entstehen. Die so erzeugten Naturstoffe aus Wildpflanzen sollen später als wertvolle Substanzen in Pharmazie, Agrochemie, Lebensmittelindustrie oder Kosmetik eingesetzt werden.

Das Projekt erforscht ebenfalls die Auswirkungen von Wildpflanzen auf Kulturpflanzen. Gemeinsam arbeiten Wissenschaftler/innen, Produzent/innen und Verarbeiter/innen daran, Wildpflanzen zu identifizieren, die sich für den erfolgreichen Anbau im Feld eignen, dazu beitragen die Bodenqualität zu verbessern und einen positiven Einfluss auf das Wachstum benachbarter Kulturpflanzen haben können.

Folgende Pflanzenarten werden im Rahmen von InnoWild erforscht:

  • Gewöhnliche Möhre (Daucus carota),
  • Sand-Thymian (Thymus serpyllum),
  • Wiesensalbei (Salvia pratensis),
  • Gemeine Nachtkerze (Oenothera biennis),
  • Kleine Bibernelle (Pimpinella saxifraga),
  • Berg-Haarstrang (Peucedanum oreoselinum)
  • Hasen-Klee (Trifolium arvense).

Zunächst wird untersucht, welche Ökosystemleistungen die einzelnen Pflanzenarten bieten und welche Bedingungen sie für ein optimales Wachstum benötigen. Wertvolle bioaktive Inhaltsstoffe ausgewählter Wildpflanzenarten werden identifiziert und quantifiziert. Ergänzend werden im Rahmen des Projekts Versuche zu geeigneten Mischkulturen sowie zur Ertragssteigerung der Wildpflanzen durch die Behandlung mit nützlichen Mikroorganismen durchgeführt.

Perspektivisch sollen so in der Lausitz nachhaltige und diverse Anbausysteme etabliert werden und neue bioökonomische Wertschöpfungsketten auf Basis von Wildpflanzen entstehen.

Innovationspotenzial
Im InnoWild-Projekt werden vor allem bisher kaum erforschte Pflanzenarten untersucht. Der bedeutende Vorteil der gebietsheimischen Wildpflanzenarten ist, dass sie sehr gut an die trockenen und nährstoffarmen Böden in der Lausitz angepasst sind. Wenn es gelingt, den Wildpflanzenanbau in größerem Maßstab in der Region zu etablieren, kann damit auch wesentlich zur Erhöhung der Agrobiodiversität beigetragen werden. Im Erfolgsfall erhöht sich das Anbauspektrum für Landwirte in der Lausitz, gleichzeitig werden die Attraktivität der Kulturlandschaft und ihre Resilienz gegenüber Klimaveränderungen gestärkt.

InnoWild und die Lausitz
Das Projekt baut auf den langjährigen Erfahrungen und Beobachtungen der Mitarbeiter/innen der Nagola Re GmbH auf. Diese beobachteten im Feldanbau der Wildpflanzenarten am Unternehmensstandort in Jänschwalde immer wieder, dass manche Wildpflanzenarten eine unkrautunterdrückende Wirkung auf andere Pflanzen zeigen. Zusammen mit den Wissenschaftler/innen des IGZ wurde ein Konzept zur Erforschung der beobachteten gegenseitigen Wirkung der Pflanzen aufeinander entwickelt. Am Ende entstand eine gemeinsame Projektidee mit dem Ziel, wissenschaftliche Grundlagen für die Nutzung des wirtschaftlichen Potenzials der Wildpflanzenarten in und für die Lausitz zu schaffen.

Ein Beispiel für eine solche Wildpflanzenart ist die Nachtkerze. Diese robuste Pflanze gedeiht in der Region besonders gut und zeichnet sich durch ihre Anspruchslosigkeit aus. Ihre tiefen Pfahlwurzeln ermöglichen es ihr, Wasser auch aus den tieferen Bodenschichten zu nutzen. Das Öl der Nachtkerze ist begehrt und findet als Hautpflegemittel und Rohstoff in der Kosmetikindustrie Verwendung. Darüber hinaus ist die Wurzel dieser Pflanze essbar. Ob roh oder gekocht, sie erinnert an den Geschmack von Möhren und bietet somit das Potenzial, ein schmackhaftes und nahrhaftes Wurzelgemüse zu sein.

Der Wildpflanzenanbau kann neben den kommerziellen Potenzialen weitere interessante Nebeneffekte in der Lausitz haben: Anbau und Saatgutproduktion unterstützen die Renaturierung der Bergbaufolgeflächen, z.B. stabilisieren sie rasch Oberflächen und schützen so vor Erosion, lockern durch ihr Wurzelwachstum den Boden auf und erhöhen dessen Infiltrationsvermögen. Einige (z.B. Hasenklee) können Luftstickstoff im Boden fixieren. Damit verbessern Wildpflanzen die Standorteigenschaften und können die Anbauerträge von Folgekulturen erhöhen. Nicht zuletzt leisten Wildpflanzen auch im kommerziellen Anbau durch ihre langen Blühzeiten einen wichtigen Beitrag zu verlängerten Blühperioden in der Kulturlandschaft.

Das Wiesensalbeifeld in Jänschwalde ist auch bei Insekten äußerst beliebt. © Elke Thiele / ZALF

Nachhaltige Landnutzung und Bioökonomie
Die Grundidee dieses Projektes von Land-Innovation-Lausitz besteht darin, alle untersuchten vielversprechenden Pflanzenarten in vollem Umfang zu nutzen. Es gilt, nicht nur einzelne Teile wie Samen zu gewinnen und zu verarbeiten, sondern es soll angestrebt werden, auch Stängel, Blätter und Wurzeln für vielfältige Anwendungen nutzbar zu machen.

Wildpflanzen enthalten oft viele natürliche Antioxidantien, die z. T. das menschliche Immunsystem unterstützen, freie Radikale neutralisieren oder vor schädlichen Umwelteinflüssen schützen können. Viele Wildpflanzenarten enthalten zudem natürliche antimikrobielle Substanzen, die Bakterien oder Pilze effizient abwehren und hemmen können. Die aus den Pflanzensamen gewonnenen pflanzlichen Öle enthalten essentielle Fettsäuren sowie ätherische Öle, die vielfältig genutzt werden können. Wildpflanzen können teilweise als Gewürze, Tees oder Nahrungsergänzungsmittel oder zukünftig vielleicht auch (wieder) als Gemüse genutzt werden, denn oft sind ihre Blätter und Wurzeln essbar.

Bisherige Ergebnisse

Bisher konnten bereits einige hochaktive Inhaltsstoffe einzelner Pflanzenarten identifiziert werden. So sind beispielsweise Spross und Samen der Nachtkerze ausgesprochen antioxidativ und Wurzeln sowie die Samen anderer Pflanzen wirken antimikrobiell. Hier sind besonders die Nachtkerze, die Kleine Bibernelle und der Berg-Haarstrang von großem Interesse.

 

„Wir sind zuversichtlich, völlig neue Rohstoffe zu identifizieren, die sich wirtschaftlich gut nutzen lassen. Dies könnten zum Beispiel Öle für Kosmetika oder Ausgangsstoffe etwa für biobasierte Folienproduktion sein.“ Dr. Franziska Hanschen, Projektleiterin InnoWild

Ausblick

Für eine breite spätere Anwendung ist es entscheidend, die genauen biologischen Mechanismen zu verstehen, die beispielsweise für antimikrobielle Wirkungen verantwortlich sind. Das Projektteam widmet sich intensiv dieser Forschungsfrage. Gleichzeitig müssen auch die optimalen Wachstumsbedingungen für jede einzelne Wildpflanze untersucht werden, um Grundlagen zu schaffen, den Wildpflanzenanbau als eine neue, profitablere Form der Landnutzung in der Lausitz zu etablieren.

Das InnoWild-Team ist zuversichtlich, dass es herausragende Pflanzeninhaltsstoffe entdecken und nutzbar machen wird. Diese könnten beispielsweise als biobasierte Konservierungsstoffe dienen oder als wertvolle Inhaltsstoffe für hochwertige Produkte verwendet werden. Die Aussicht auf solche Entdeckungen befeuert die Motivation des Teams, einen bedeutenden Beitrag zur nachhaltigen Nutzung und Verwertung von Wildpflanzen in der Region zu leisten.

Als ein weiterer wichtiger Baustein von InnoWild soll ein Innovationszentrum für Wildpflanzenanbau in der Lausitz entstehen. Dieses Zentrum soll als Demonstrator den Wissenstransfer gewährleisten und als zentrale Anlaufstelle zur Fortbildung hinsichtlich Wildpflanzennutzung in der Lausitz genutzt werden.